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Geschichte

Geschichte

Geschichte des Gutshauses Pinnow


Das nordwestlich von Neubrandenburg gelegene Gutshaus in Pinnow entstand im neogotischen Stil von 1862–1869 im Auftrag der Familie von Klinggräff unter Einbeziehung eines älteren Pächterhauses.

Das Gut befand sich 1612 im Besitz der Familie von Aschersleben, 1668 gefolgt von Reimar Ernst von Voß und war seit 1700 bis zur Enteignung 1945 im Besitz der Familie Klinggräff.

Es ist ein eingeschossiger Backsteinbau auf einem Feldsteinsockel, der einen rechteckigen Hof umschließt. In dem Hofraum befand sich ein Sommergang, ähnlich einem klösterlichen Kreuzgang angelegt, mit einem Blumengarten. Die Hauptansichtsfassade wird von einem donjonartigen Turm mit hohem Walmdach in der Gebäudemitte und einem Erker an der rechten Gebäudeecke geprägt. Rückwärtig befinden sich Flügelanbauten unterschiedlicher Gestaltung, die durch einen eingeschossigen Flügelanbau geschlossen werden.

Die einzelnen Bauteile haben unterschiedliche Dachformen. Das gesamte Gebäude wird durch mit Laubsägearbeiten verzierte Holzbauteile mit neogotischen Formelementen in Form von Gauben, einem überdachten Eingangsvorbau, einem Balkon, Verschalungen und so weiter gestaltet. Kennzeichnend für die Architektur sind die Asymmetrie und eine funktionsgerechte Disposition von Grund- und Aufriss. Die Ziegelarchitektur wird malerisch und zugleich konstruktiv aufgefasst.

Das Gebäude ist im Wesentlichen von seiner Funktion her von außen nach innen geplant worden, alles sollte bequem und praktisch sein und doch seine Eigenarten haben. Die Architektur wirkt von der englischen Cottagearchitektur beeinflusst, wie sie dann später um 1900 durch Heinrich Muthesius in Deutschland modern wurde.

GeschichteDurch eine Beschreibung ist die ursprüngliche Funktion der Räume überliefert. Es gab die Teilung in einen Männer- und einen Frauentrakt. Über eine Treppe gelangte man durch einen Windfang in die "Kleine Diele", die als Esszimmer diente. Rechts daran schloss sich die "Frauenstube" an, ein großes durch die Verbindung zweier Räume entstandenes Zimmer. In der Ecke befand sich ein Erker mit einem steinernen gotischen Kreuzgewölbe.

Nach Norden schlossen sich ein Ankleidezimmer sowie das Schlafzimmer an, von dem man in ein Badezimmer und später in die von den Kindern bewohnten Räume gelangte, die wiederum Verbindungen in den Hofraum hatten.

GeschichteLinks von der Diele lagen die Räume des Hausherrn. Zunächst ein Empfangszimmer, an das sich die eigentliche "Herrenstube" anschloss. Hinter der kleinen Diele mit Ausgang zum Sommergang lag die "Große Diele" als Mittelpunkt des Erdgeschosses, die als das feiertägliche Esszimmer und Andachtsraum für Hausandachten diente. Von dort gelangte man in die Küche und zu der breiten hölzernen Wendeltreppe. Den Mittelpunkt im Obergeschoss bildete der Saal im Donjon mit einem hölzernen Tonnengewölbe.

Durch ein dreigliedriges Fenster blickte man zur Kirche und in den Wald. Im Obergeschoss befanden sich Fremdenzimmer und später zwei Zimmer für den Hauslehrer. Von den neogotischen Ausstattungsteilen wie geschnitzten Säulen, Wandpaneelen, Beschlägen, Treppen, Öfen ist nur noch Weniges erhalten geblieben.

GeschichteHeinrich Freiherr Langwerth von Simmern, ein sehr guter Freund und späterer Schwager des Bauherrn Friedrich von Klinggräff (1825–1887), gab dessen Nachlass heraus. Den Aufzeichnungen zufolge entwarf F. von Klinggräff das Gutshaus im Wesentlichen selbst. Er war kunsthistorisch gebildet und ein erklärter "Gothiker", der mit Conrad Wilhelm Hase Kontakt hatte und durch diesen mit Carl Schäfer bekannt wurde. Der Kölner Architekt Carl Heinrich Wiethase soll 1864–1869 bei der Ausführung geholfen haben. Alle drei Architekten waren, wie der Bauherr selbst, Verfechter der Neugotik. F. von Klinggräff sah es als seine patriotische Pflicht an, im neogotischen Stil zu bauen. Reinen dekorativen Zierrat ohne Verknüpfung des Bauglieds mit einer Funktion lehnte er ab. Er wollte durch die Einfachheit und Kraft des Stils auf die aufwachsende Generation wirken. Von den Bauten der "Hannoverschen Schule", deren Begründer C. W. Hase war und deren formenreicher historistischer Baustil in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts weite Verbreitung fand, ist die überwiegend schlichte und funktional bestimmte Architektur des Pinnower Gutshauses jedoch weit entfernt.

Es handelt sich um das Beispiel eines Gutshauses in Mecklenburg-Vorpommern, das von einer Individualität des Entwurfs und einer großen baulichen Qualität in der Ausführung geprägt wird. Zudem ist es einer der frühesten neogotischen Gutshausbauten in Mecklenburg-Vorpommern. Für die Architekturgeschichte des 19. Jahrhunderts ist das Gebäude über den regionalen Rahmen hinaus bedeutend.

Nach 1945 wurde das Gutshaus als Wohnhaus sowie von der Gemeinde, Post und LPG-Verwaltung genutzt. Seit den 1970er Jahren wurde es nach und nach bis auf eine Wohnung leergezogen. Das Gutshaus ist von einem im 19. Jahrhundert angelegten Park umgeben. 1996 übernahm der Arbeitskreis Denkmalpflege e.V., Burg Lohra, das schon teilweise ruinöse Gutshaus. Man begann mit Sicherungsmaßnahmen, führte sie aber nicht zum Ende.

Im Jahr 2012 verkaufte die Gemeinde das marode Gutshaus an einen neuen Eigentümer, der mit der denkmalgerechten Sanierung beginnen möchte. Der Landschaftspark mit seinem wertvollen alten Baumbestand wird wieder gepflegt. In Pinnow befindet sich das Familiengrab der Familie von Klinggräff.

"Exzerpt" der Website des‚ Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege‘ (Mecklenburg-Vorpommern) anlässlich der Verleihung des Titels ‚Denkmal des Monats‘ im Oktober 2012

Detaillierte Schilderung zur Entstehungsgeschichte des Baus

Von September bis November 1862 war Friedrich von Klinggräff Gast der Familie von Langwerth von Simmern in Eltville. Dort fand am 24.9. 1862 seine Verlobung mit Ella Freiin Langwerth von Simmern statt.

Gleich nach der Verlobung beschließt Klinggräff  für seine zukünftige Familie ein “echt deutsches schlichtes frommes Haus” zu bauen. Er hat konkrete Vorstellungen, braucht aber einen Architekten.

Mitte November 1862 fährt Klinggräff nach Köln zum berühmten “Ideologen” der Neugotik, dem Zentrumspolitiker August Reichensperger. Dieser schlägt vor, Conrad Wilhelm Hase in Hannover zu konsultieren. Umgehend fährt Klinggräff nach Hannover und verhandelt mit Hase. Vom 7. bis 12 Dezember 1862 hält sich Klinggräff erneut in Hannover auf, um sich mit Hase über den Bau zu besprechen. Am 23. Februar 1863 besucht Klinggräff noch einmal Hase. Danach wird mit dem Bau des Hauses begonnen. 

Anfang  April 1863 findet in Wichtringshausen eine Besprechung von Heinrich Freiherr von Langwerth von Simmern, dem Architekten Heinrich Wiethase statt, an de auch Friedrich von Klinggräff teilnimmt. 

Am 23. April schreibt Klinggräff in einem Brief: “Der Plan zu meinem Haus kommt zu Ende.” Kurz danach wird mit den Bauarbeiten begonnen.

Am 1. Juli 1863 zeichnet Klinggräff selbst an den Plänen. Vermutlich ändert er etwas an Hases Entwurf.

Im September zeichnet Carl Schäfer, ein Schüler Hases, in Hases Büro an den Entwürfen für Pinnow.

Am 23. Juli 1863 heiratet Klinggräff in Eltville. Bis zu 14. September dauert die Hochzeitsreise.

Am 24. Oktober 1863 ziehen Klinggräff und seine Frau nach Pinnow und richten sich “notdürftig” im ehemaligen Pächteraus ein. Um Einfluss auf Baugestaltung zu nehmen, ist Klinggräff bereit, auf der Baustelle zu wohnen.

Im Juni 1864 ist der Neubau so weit fortgeschritten, dass  Klinggräff sich notdürftig einrichten kann. Einige Details Innen und Außenteile sind noch nicht fertig.

Nachdem Hase im Juli 1864 in Hannover in Ungnade fällt (er baut im Auftrag des Königs die Marienburg und fällt Intrigen des Oberbauleiters, Ingenieurmajor Witte, zum Opfer, der mehrfach Geld veruntreut hat) wird Hase von Klinggräff auch der Auftrag für Pinnow entzogen. Wiethase übernimmt im Sommer 1864 die Fertigstellung Pinnows.

1865 lässt Klinggräff die Bauarbeiten ruhen, da er sich mit seiner Frau auf Reisen begibt und erst nach einem Jahr zurückkehrt.

Von 1866 bis 1869 wird das Haus endgültig fertiggestellt, vor allem im Innern.

 

 
       
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